4. Poetry Slam in Schriesheim
Neun Künstler beim Poetry-Slam / Sieg für Fabian Navarro aus Wien, Premiere für Bergsträßerin Helen Landsberger
Wettstreit mit Leidenschaft
Wettstreit mit Leidenschaft
Schriesheim. Es ist die Mischung aus Dichtkunst und Performance, die diesen Wettstreit ausmacht: Zum „Poetry-Slam“ hat der Kulturkreis Schriesheim in den Zehntkeller eingeladen, und rund 200 Gäste waren dabei. Das begeisterte Publikum erlebte einen teilweise erstklassigen Dichterwettstreit.
Poetry Slam ist mal wortmächtig und mitreißend, mal voller Poesie in leisen Tönen. Manche Kunst macht nachdenlich und manche ist saukomisch, andere arbeitet mit Hohn und beißender Kritik. Aber immer hat Poetry Slam großen Unterhaltungswert mit viel Leidenschaft. Auf der Bühne präsentieren junge Autoren in maximal sechs Minuten ihre eigenen Texte und stellen sich dem Votum des Publikums. Wer den lautesten Beifall bekommt, gewinnt. Bewertet werden Textinhalt und die Art des Vortrags. Schreien oder flüstern, im Stakkato reimen oder nicht - alles erlaubt. So ist jeder Poetry Slam anders. Und der Spaßfaktor für Poeten und Zuhörer steht stets an erster Stelle.
Los geht´s: Ideen auf Papier bringen, die Slam-Bühne als Plattform entdecken, das Feedback der Zuhörer als Gewinn einsacken - zur Dichterschlacht begrüßt Moderator "Grohacke" (Karsten Hohage aus Weinheim) neun Slammer an diesem Abend: Fabian Navarro (Wien), Helen Landsberger (Schriesheim), Jan Cönig (Frankfurt), Markus Becherer (Kaiserslautern), Ezgi Zengin (Augsburg) und Miedya Mahmod (Hagen). Außerdem noch den Heidelberger Philipp Herold, Paula Neu aus Hockenheim und die Berlinerin Lisa-Maria Olszakiewicz. In Dreier-Runden am Start, applaudieren die Gäste nach dem k.o.-System die Endrundenteilnehmer an die Spitze.
Es bleibt festzuhalten: Poetry Slam ist letztlich Geschmackssache. In der Gunst der Schriesheimer steht an diesem Abend der 28-jährige Fabian Navarro ganz oben. Er gewinnt vor Jan Cönig und Markus Becherer. Der Nordrhein-Westfale lebt seit zwei Jahren in Wien als Künstler und Poetry-Slammer und überzeugt am Ende mit "Max und Moritz - eine antikapitalistische Bubengeschichte in drei Streichen". Das Stück ist einfach nur großartig. Es darf herzhaft gelacht und scharf nachgedacht werden. Über Witwe Bolte mit der güldenen Geflügelbrust im Gefecht mit Tofu-Grillern, über Hippster-Käufer von Fair-Trade in Konkurrenz zu Schneider Böck oder über Lehrer Lämpels Klassenzimmer.
"Was Autoren wohl bezwecken, wenn sie in Metaphern was verstecken", fragt Navarro mit schelmischer Mine.
Doch auch die anderen Poeten überzeugen und setzen ganz eigene Kontrapunkte "als Ideen- und Gedankenschenker" mit berührenden oder lustigen Texten. Was alle Mitglieder der Slammer-Familie eint, ist die Freude an der deutschen Sprache und am Auftritt auf der Bühne. "Es war einmal ein Katze, die hatte eine Glatze. Die fand das nicht o.k. und trägt jetzt ein Toupet", scherzt zu späterer Stunde Philipp Herold.
Und da passt dann der Gedanke "egal wie gut ein Wein ist, am Ende berauscht er" auch noch prima zu diesem vergnüglichen Abend im Zehntkeller. Übrigens musikalisch bestens umrahmt von dem Sänger und Songwriter Sinu aus Mainz. Mit einer traum-schönen Stimme passend zum Poetry-Programm. bst