Kosmische Verbindungen aus Vulkangestein
Museum Théo Kerg stellt ab Sonntag Werke des serbischen Bildhauers Josef Nadj aus – Für seine Werke verwendet er keine Vorlagen
Schriesheim. (mpt) Seine Werke sind dunkel, aber nicht düster. Aus robustem Gestein, aber doch mit zarter Oberfläche. Formschön mit klaren Linien und Strukturen – und doch wirken die Skulpturen vieldeutig und verspielt. Josef Nadj ist Bildhauer, von Sonntag, 23. September, bis 28. Oktober, werden 30 Plastiken und Zeichnungen des gebürtigen Serben bei der zweiten Sonderausste lung des Jahres im Museum Théo Kerg präsentiert.
„Das Konzept ist gefestigt“, sagt der 65-jährige Künstler mit freundlichem Lächeln,als er bei den Vorbereitungen zur Vernissage über die stets knarzenden Holzdielen des Museumshauses schreitet und die Anordnung seiner Werke aus jedem Winkel genau inspiziert. Nicht nur die einzelnen, oft kubisch wirkenden Objekte sollen hervorgehoben werden und für sich stehen – auch das Gesamtbild muss stimmen.
„Jeder Raum hat seinen Charakter“, erklärt der bei Horb am Neckar lebende Bildhauer. Und das Kerg Museum erweist sich mit seinen Holzbalken als besonders reizvolle Herausforderung. „Da gilt es, eine Balance zu finden. Schwieriger wäre es, wenn meine Arbeiten aus Holz wären“, erklärt Nadj.
Doch die Balance ist ihm in Zusammenarbeit mit Museumsleiterin Lynn Schoene gelungen. Und die Werke sind nicht aus Holz, sondern aus hartem Gestein, das bei der Schau mit gezeichneten Schraffuren ergänzt wird.
Vor allem ein Material hat es dem Künstler angetan: Diabas, ein vulkanisches Gestein, das in seiner Farbigkeit und Struktur an Marmor erinnert. „Sphaira“, griechisch für Himmelskugel, heißt eines seiner Werke, bei welcher er die Vor- stellung einer kosmischen Verbindung von Erdscheibe und Himmelsgewölbe in plas- tische Form meißelt.
Aus einem einzigen Steinblock heraus wurde die wie eine Kalligrafie wirkende Skulptur gefertigt, ohne dass irgendetwas geklebt oder fixiert werden musste. „Bei anderen Gesteinen wäre das undenkbar. Ich mag es, mich an die Grenzen des Materials heranzutasten“, betont Nadj, der sich in seiner Kunst auch mit der Chaostheorie beschäftigt. Die Leidenschaft für die Bildhauerei entdeckte er in den 1970er-Jahren während seines Grafik-Studiums in Stuttgart. Dort durfte er einem Steinbildhauer genauer über die Schulter blicken. Nicht nur im Schwabenland, sondern auch bei einem Großprojekt in Südfrankreich. Die naturnahe Arbeit, der glockenähnliche Klang, wenn das Werkzeug auf den Stein trifft, der Staub und die Steinscherben, die dabei aufgewirbelt werden, und die Vielfalt an Möglichkeiten faszinierten ihn sofort.
Im Elternhaus fertigte er die ersten Sandsteinarbeiten an – und auf das Grafik-Studium folgte prompt das Studium der Bildhauerei.„Direktes Schneiden“,in der stark französisch angehauchten Kunstsprache „taille directe“ genannt, heißt die Methode, bei der sich Nadj Schritt für Schritt durch das Gestein arbeitet, ohne vorher eine genaue Vorlage anzufertigen: „Ich mag keine vorgefassten Endgültigkeiten“, sagt er. Se ne Werke bieten so immer wieder neue Interpretationsflächen. Für die Besu- cher, aber auch für den Künstler selbst.
Info: Die Ausstellung „Josef Nadj – Bildhauer“ im Museum Théo Kerg, Talstraße 52, wird am Sonntag, 23. September, um 11 Uhr eröffnet.
Kunsthistorikern Maria Lucia Weigel wird in Nadjs Schaffenswerk einführen.
Das Museum hat samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr sowie mittwochs von 17 bis 19 Uhr geöffnet. Veranstalter ist der Kulturkreis Schriesheim.
RNZ von Samstag/Sonntag, 22./23. September 2018